Die jüngsten Bundestagswahlen haben ein beklemmendes Bild der politischen Landschaft Deutschlands offenbart. Die AfD, die Alternative für Deutschland, konnte verblüffende Erfolge erzielen und sich als drittstärkste Kraft im Deutschen Bundestag etablieren. Doch hinter dieser Entwicklung steckt mehr als nur eine simple Wahlkampagne. Die digitale Revolution hat auch die politische Arena erfasst und neue Wege der politischen Kommunikation eröffnet. Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie digitale Netze das politische Denken und Handeln beeinflussen und welche Auswirkungen dies auf die politische Landschaft hat.
Die Macht der Netze: Wie digitale Netzwerke politisches Denken und Handeln beeinflussen
Nach den jüngsten Landtagswahlen wird viel über Demokratiemüdigkeit, Reizthemen wie Migration und Ukrainekrieg, ostdeutsche Mentalität nachgedacht. Alles richtig: Wahlergebnisse sind eindeutige Zahlen mit vielschichtigen Ursachen. Womöglich wird aber zu wenig bedacht, dass sich in Wahlen niederschlägt, womit die Wähler einen immer größeren Teil ihrer Zeit verbringen: nämlich in digitalen Netzwerken unterwegs zu sein.
Bekanntlich ist die AfD dort sehr aktiv. Nun aber anzunehmen, Parteien wie CDU und SPD müssten nur endlich aufwachen und mit ein paar flotten Influencern ihre Bemühungen in der digitalen Welt verstärken, ist ein Kurzschluss. Denn es geht grundsätzlicher um die Art der Themen – und der Tonalität, die im Netz verstärkt werden.
Von Schnipseln und Parolen: Wie die digitale Welt die Demokratie beeinträchtigt
Aus der Flut der Schnipsel bleibt hängen, was Gefühle anspricht und sehr schnell verstanden wird. Parolen funktionieren besser als Erklärungen, Warnungen, Beschimpfungen, Verächtlichmachen besser als freundliches Bemühen um Differenzierung. Für demokratische Prozesse ist das ein Problem – und wird noch viel zu wenig bedacht.
Darum mag sich im Wahlergebnis bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung niederschlagen. Gründe gibt es genug. Aber es geht auch um die grundsätzliche Frage, ob die Gesellschaft sich in einer Alles-Mist-, Ich-bin-doch-nicht-doof- und Ohne-mich-Haltung einrichtet, die in digitalen Netzwerken gefüttert wird.
Oder ob sie weiter genug Kraft und Vernunft aufbringt, jenseits des Dauergemeckers die Sachthemen im Blick zu halten. Und dem demokratischen Prozess eine gewisse Fehlertoleranz zuzugestehen. Was nicht bedeutet, dass Fehler nicht zu kritisieren wären. Im Gegenteil. Das gehört in der Demokratie ja gerade dazu.
Wenn aber die Überzeugung schwindet, dass Demokratie überhaupt der richtige Weg ist, werden populistische Parteien immer mehr Erfolge feiern, weil sie Gefühle bespielen, Ressentiments aufladen, alles auf den Nenner bringen, wir würden von Deppen regiert. Und wer das nicht sehe, sei selbst einer.
Unsere Autorin ist Redakteurin des Ressorts Politik/Meinung. Sie wechselt sich hier mit unserem stellvertretenden Chefredakteur Horst Thoren ab.
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