Die Stadtsparkasse ehrt Ronya Othmann mit dem Düsseldorfer Literaturpreis
Die Stadtsparkasse Düsseldorf hat in diesem Jahr die Literaturpreisträgerin Ronya Othmann mit dem begehrten Düsseldorfer Literaturpreis ausgezeichnet. Diese ehrenvolle Auszeichnung wird alljährlich an Autoren verliehen, die sich durch ihre Werke um die literarische Szene in Düsseldorf verdient gemacht haben. Die Jury lobte Ronya Othmanns Werk für seine poetische Sprache und die beeindruckende Art, wie sie die Stadtgeschichte Düsseldorfs in ihre Erzählungen einwebt. Mit dieser Auszeichnung wird Ronya Othmanns Leistung als eine der wichtigsten Stimmen der jungen Literatur in Deutschland gewürdigt.
Die Stadtsparkasse ehrt Ronya Othmann mit dem Düsseldorfer Literaturpreis
Es begann mit einer Spotlight-Lesung: Die Trägerin des Düsseldorfer Literaturpreises 2024, Ronya Othmann, betrat die Bühne der Stadtsparkassen-Zentrale, setzte sich ans Pult und begann, Auszüge aus ihrem zweiten Roman „Vierundsiebzig vorzutragen. Da war den Gästen bereits klar, dass die Überreichung des mit 20.000 Euro dotierten Preises der Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf eine Veranstaltung mit Trauerflor würde.
Denn es geht in dem Buch um den 74. Genozid, verübt im Jahr 2014 im irakischen Shingal-Gebirge von Kämpfern der Terrororganisation „Islamischer Staat (IS). Ronya Othmann greift das Thema nicht in erster Linie aus literarischem Interesse auf, sondern als familiär Betroffene. Denn als Tochter einer deutschen Mutter und eines kurdisch-jesidischen Vaters hat sie verwandtschaftliche Beziehungen zu Jesiden, dieser ethnisch-religiösen Gruppe, deren Mitglieder durch Auswanderung und Flucht auch in anderen Ländern verbreitet sind. Die Jesiden in Deutschland bilden die mit Abstand größte Diaspora.
Das Jesidentum ist eine monotheistische, nicht auf einer heiligen Schrift beruhende, unterschiedliche religiöse Richtungen bündelnde Religion. Durch diese freiheitliche Ausrichtung fielen sie dem mörderisch dogmatischen IS zum Opfer. Die Art und Weise, wie dies geschah, ist Ronya Othmann von Erzählungen ihres Vaters, von Videos und aus eigener Anschauung bekannt.
Es sind fürchterliche Geschehnisse, vor denen man in der westeuropäischen Komfortzone am liebsten die Augen verschließen würde. Die Autorin aber schaut hin, dokumentiert vieles mit ihrer Kamera und bringt es zu Papier, damit zumindest die Leser ihrer Bücher und Zeitungskolumnen nicht sagen können, sie hätten davon nichts gewusst. Mit großer Genugtuung verfolgte sie eine Sitzung des Deutschen Bundestags, in welcher die Abgeordneten den Völkermord von 2014 als solchen anerkannten.
Durch den Kopf gingen der Autorin dabei womöglich die Bilder eines fünfjährigen jesidischen Mädchens, das durch Beteiligung der Ehefrau eines IS-Kämpfers in praller Mittagssonne angekettet war und dadurch verdurstete. Der Versuch des IS, die Jesiden vollständig auszulöschen, ist zum Glück misslungen. Ronya Othmann hält die Ermordeten mit der Kraft des Wortes in Erinnerung und „gibt den Opfern Stimmen, wie es Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration der Stadt Düsseldorf, in ihrem Grußwort formulierte.
Nach der Laudatio des Literaturkritikers und Jurymitglieds Tobias Lehmkuhl, der Othmanns „Ringen um eine eigene Sprache und Form hervorhob, und bizarren, anklagenden Streichquartett-Klängen des Komponisten Erwin Schulhoff (1894–1942) überreichte Stefan Dahm, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Düsseldorf, der preisgekrönten Autorin die Urkunde – Ausklang eines Abends, der sich nicht vergessen lässt.
Info: Das neueste Buch: Ronya Othmann: „Vierundsiebzig“. Roman. Rowohlt Verlag, 512 Seiten, 26 Euro; als E-Book: 21,99 Euro.
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