Krefelder Schüler erklären: So schlecht ist unser Bildungssystem.

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Krefelder Schüler erklären: So schlecht ist unser Bildungssystem.

Die Kritik am deutschen Bildungssystem wächst. Nicht nur Eltern und Lehrer, sondern auch die Schüler selbst sprechen nun offen über die Mängel des Systems. Eine Gruppe von Schülern aus Krefeld hat sich entschlossen, ihre Erfahrungen und Überzeugungen zu teilen und die Missstände in unserem Bildungssystem aufzuzeigen. In diesem Artikel hören wir ihnen zu und erfahren, warum sie denken, dass unser Bildungssystem reformbedürftig ist. Die Schüler berichten von Überlastung, mangelnder individueller Förderung und fehlenden Anreizen für eine tatsächliche Bildung. Wir fragen uns: Wie kann ein System, das für die Zukunft unserer Gesellschaft verantwortlich ist, so versagt haben?

Krefelder Schüler fordern Reformen im Bildungssystem

In ganz NRW sind im vergangenen März Schülerinnen und Schüler auf die Straße gegangen, um für ein besseres Bildungssystem zu protestieren. Sie forderten unter anderem sofortige Renovierungen und Modernisierungen der Schulen, mehr Lehrkräfte und kleinere Klassen, ein Sondervermögen von zehn Milliarden Euro und eine Reduzierung von Stress und Leistungsdruck sowie ein Mitspracherecht. Ansonsten, so die Botschaft der Landesschülervertretung NRW, steuere man direkt in die Bildungskatastrophe.

Schülervertretung NRW: Bildungssystem steuert in Katastrophe

Schülervertretung NRW: Bildungssystem steuert in Katastrophe

Aus Krefeld nahmen offiziell keine Schüler an den Protesten teil – doch das heißt nicht, dass die Jugendlichen still dasitzen und akzeptieren, was ihrer Ansicht nach schiefläuft. In der Schülervertretung des Ricarda-Huch-Gymnasiums etwa sitzen engagierte Schülerinnen, die im ständigen Kontakt mit ihren Mitschülern stehen – und Klartext sprechen.

Schüler am Ricarda-Huch-Gymnasium: Alles nur Stress und Leistungsdruck

Schüler am Ricarda-Huch-Gymnasium: Alles nur Stress und Leistungsdruck

„Viele Schüler sehen die Entwicklungen der vergangenen Jahre mit großen Sorgen“, berichtet Leonina Sophia Rudolph. „Zwei große Themen sind die ständige Überlastung und die Problematik, dass wir mit einem Bein mitten in der Digitalisierung stecken, mit dem anderen jedoch noch in veralteten Lehrplänen, die nicht angepasst wurden“, sagt die 17-Jährige.

Der Lehrplan sei nicht nur alt, sondern vor allem voll. Voll mit neuen Themenfeldern, die hinzugekommen sind, voll mit alten Themenfeldern, die längst überholt sind. Einen entschlackten Lehrplan hingegen gibt es nicht. „Die nehmen nichts raus, nur Neues rein. Der Druck steigt immer weiter. Wir müssen mehr Leistung erbringen, haben dafür aber immer weniger Zeit. Vor allem ist vieles, was wir lernen, aus unserer Sicht nicht praxisorientiert. Wir haben Angst, was nach der Schule kommt: Brauchen wir das, was wir gelernt haben, wirklich? Und was haben wir nicht gelernt, was wir eigentlich wissen sollten?“

Schüler kritisieren Bildungssystem in Krefeld: Mehr Flexibilität und individuelle Förderung gefordert

Schüler kritisieren Bildungssystem in Krefeld: Mehr Flexibilität und individuelle Förderung gefordert

Die Lehrer seien davon ebenfalls betroffen. „Sie versuchen ja, den Lehrstoff gut zu vermitteln, aber auch ihnen fehlt oft die Zeit, Themen zu wiederholen. „An unserer Schule soll es bald einen Zukunftstag zum Thema ,Steuern‘ geben, was ein wirklich relevantes Thema ist. Doch nicht jede Schule hat die Möglichkeiten, so etwas anzubieten“, sagt Leonina.

Das Krefelder Ricarda-Huch-Gymnasium soll bald vierzügig werden. Auch das Thema Corona sei noch immer nicht aufgearbeitet. „Wir haben noch immer große Lücken“, erzählt die 16-jährige Simona Wefers. „In Mathe fehlt es vielen noch immer an den Grundlagen. Man hat zwar versucht, alles aufzuholen, doch in der Praxis hat das kaum funktioniert. Jeder hat andere Lücken. Das ist sehr individuell.“

In Mathe wiederholten die Oberstufenschüler aktuell Stoff aus der achten Klasse, ergänzt Leonina. „Das ist kaum aufholbar, was da an Wissen fehlt.“

„Bildung müsse gerechter gestaltet werden“, sagt Niusha. „Man muss die Stärken der Schüler nutzen. Stattdessen kommen diejenigen, die gut in Mathe, Englisch und Deutsch sind, viel besser durch die Schulzeit als diejenigen, die etwa in gesellschaftlichen Fächern punkten.“

Auch Simona hat klare Vorstellungen davon, was sie sich für die Zukunft wünscht: „Ein allgemein flexibleres und individuelleres System, weniger Druck, mehr alternative Prüfungsformate, die Abschaffung von Noten und die Einführung alternativer Bewertungssysteme.“

Schließlich gehe es darum, den Stoff zu verstehen und nicht darum, stur zu pauken und dann zu sehen, ob man an einem bestimmten Tag bei einem bestimmten Lehrer eine bestimmte Leistung erbringt – eine Momentaufnahme. „Lehrer sollten mehr Feedback geben, eben auch dann, wenn jemand Fehler macht, sich aber verbessert hat. Es sollte eine positive Fehlerkultur geben, um den Druck von den Schülern zu nehmen“, sagt Simona.

Weitere Kritikpunkte sind die Ausstattung vieler Schulen und der Lehrermangel. „Seit ich in der 5. Klasse war, warten wir auf einen Glasfaseranschluss“, sagt Leonina. „Ausgestattet sind wir hier bald ziemlich gut, bald hat jeder Schüler ein Tablet. Doch wenn alle das gleichzeitig nutzen wollen, geht nichts mehr.“

Generell fänden es die Schüler besser, hätte die Schule ihr eigenes Budget und könnte über die Gelder selbst bestimmen, sagt Niusha. Das gilt für Planungen von neuen Räumen, Sanierungen und Digitalisierung. An vielen Schulen herrscht Platzmangel, einige von ihnen werden augebaut und bekommen neue Züge. Doch wo sollen die Lehrer herkommen?

„Rummeckern, dass Lehrer fehlen, hilft nichts. Man muss das Studium attraktiver gestalten und von Grund auf neu ausrichten“, sind sich die Schülerinnen einig.

Leonina, Simona, Niusha und Anne wissen, dass sie es an ihrer Schule noch sehr gut getroffen haben. „Als Gymnasium stehen wir gut da. An anderen Schulformen ist es viel schlimmer“, sagt Nivsha. Auch seien Lehrer und Schulleiter am RHG äußerst motiviert, doch können auch sie weder marode Gebäude noch marode Strukturen reparieren.

„Vielleicht muss erst wieder eine Katastrophe passieren, die hätte verhindert werden können, eine echte Bildungskatastrophe, bevor die Politiker etwas unternehmen“, sagt Leonina.

Martin Müller

Ich bin Martin, Redakteur bei der Website Haren Suche. Als Autor für die nationale Zeitung für das Zeitgeschehen liegt mein Fokus darauf, die neuesten Nachrichten mit strenger Objektivität zu präsentieren. Meine Leidenschaft für Journalismus treibt mich an, fundierte und relevante Informationen für unsere Leser bereitzustellen. Mit meiner langjährigen Erfahrung und meinem Engagement für die Wahrheit strebe ich danach, einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung zu leisten.

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