Kritik: Julian Prégardien interpretiert Schuberts Die schöne Müllerin

Index

Kritik: Julian Prégardien interpretiert Schuberts Die schöne Müllerin

In der Musikwelt ist es ein besonderes Ereignis, wenn ein Sänger wie Julian Prégardien sich einem Werk wie Schuberts Die schöne Müllerin nähert. Die Frage, die sich stellt, ist, ob der Tenor mit seiner Interpretation dieser liedhaften Meisterwerke gerecht wird. In seinem letzten Konzert in der Philharmonie zeigte Prégardien, dass er die nötige Sensibilität und Tiefe besitzt, um die komplexe Figur der Müllerin zu erfassen. Doch wie genau gelang es ihm, die poetische Atmosphäre des Werkes zu erzeugen?

Ein neuer Ansatz: Julian Prégardien interpretiert Schuberts Die schöne Müllerin

Das Klavier schaufelt den Weg frei, wie ein kleiner, schneller Bagger. Die Basstöne hüpfen und knarren, gemütlich wird das hier nicht. Als der Tenor zu singen beginnt, mahnt auch er zur Eile. Dieser Müllergeselle schlendert nicht, er stiefelt stramm.

Eine bisschen Drill kann nicht schaden, Motorik ist der Musik sowieso eingeschrieben. Also geht Das Wandern ist des Müllers Lust zackig vonstatten. Und weil hier alle Hörer im Geiste mitsingen, begreift jeder, was der Tenor Julian Prégardien und der Hammerklavierexperte Kristian Bezuidenhout in ihrer Neuaufnahme anstellen, die der Schönen Müllerin gilt, dem vermutlich berühmtesten Liederzyklus der Welt.

Kraftvoll und emotional: Prégardien und Bezuidenhout als Duo in Schuberts Liederzyklus

Kraftvoll und emotional: Prégardien und Bezuidenhout als Duo in Schuberts Liederzyklus

Sie krempeln ihn nicht um, doch befragen sie ihn, wo immer es geht. Sie treiben ihn an die Ränder des Ausdrucks und zuweilen in die Enge. Das ist nicht selten wunderbar, manchmal beachtlich, einige Male auch problematisch. Aber das Staunen überwiegt.

INFODer Pianist spielt auf einem HammerflügelAufnahme Franz Schubert, Die schöne Müllerin, Julian Prégardien (Tenor), Kristian Bezuidenhout) (Hammerflügel, Kopie eines Conrad-Graf-Flügels von 1825), erschienen bei Harmonia Mundi.

Ein Stuttgarter Kammerkonzert der beiden Musiker mit der Schönen Müllerin (nicht mit der CD-Aufnahme identisch) ist in der SWR-Kulturmatinée (Fernsehen) gelaufen und nun auch in der ARD-Mediathek abrufbar.

Eine neue Perspektive: Julian Prégardien und Kristian Bezuidenhout in Schuberts Die schöne Müllerin

Schon beim Wandern wird man kalt erwischt. Man freut sich, wenn man die CD auflegt, auf ein gemütliches Stündchen, doch Julian Prégardien schießt Adrenalin in die Musik und in seinen Gesang, er ändert aus Euphorie sogar Schuberts Noten oder jauchzt sie – gleichsam als improvisierte Varianten – von oben an.

Was soll man denn davon halten? Gibt er den Naturburschen, der übermütig wird? Oder erweist er sich als Künstler, der den Notentext nicht als Heiligtum betrachtet, sondern als freigebige Offerte? Schubert, da darf man sicher sein, hätte seine Freude gehabt.

Man kommt sich bei dieser Interpretation ja auch vor wie in Schuberts legendärem Wirtshaus. Gesangstechnisch ergeben sich allerdings krasse Lösungen. Die Vokale sind zuweilen so kurz, als seien sie heiße Herdplatten, die man versehentlich berührt hat. Nicht jeder Ton ist perfekt kontrolliert, mancher auch zu stark behaucht.

Doch schon im nächsten Lied ist alles da: ein herrlich weich sich aufspannendes Legato, über dem eine sehr schöne Stimme ihren metallischen Kern zum Glühen bringt. Es scheint im Rückblick, als sollte die kleine Rempelei in Lied eins den Hörer munter machen, ihn eingrooven auf eine neue Sicht auf den Zyklus.

Der ist bei Prégardien mehr denn je eine Vorahnung der späteren Winterreise und wird wie diese zu einer depressiven, am Ende suizidalen Seelenwanderung. Das Bächlein verwandelt sich ja zum Totenbett für den Müllergesellen, denn die geliebte Müllerin hat sich einem Jäger zugewandt.

Bei Julian Prégardien ist ein Schubert-Zyklus auf CD ohnedies eine spektakuläre Angelegenheit, denn bei seinem Nachnamen denkt die Musikwelt seit jeher an Vater Christoph, der über Jahrzehnte einer der führenden Liedsänger weltweit war: ein Großmeister der Phrasierungskunst, der Intelligenz, der Distinktion.

Der Sohn hat zahllose Male daheim in Frechen gesessen und seinen Vater diesen Zyklus singen gehört. Über Jahre erlebte er die Stationen des Einstudierens, das Abwägen, das Ausprobieren, das Feilen an Details, die Zusammenarbeit mit den diversen Pianisten, die Korrektursitzungen. Schubert war für Julian Prégardien sozusagen die Vatermilch.

Man könnte sagen: Damals, daheim in Frechen, hat sich alles angebahnt. Aber jetzt ist es kein kindliches Übertrumpfen-Wollen, sondern ein Weitergehen, ein kreatives Bewahren des Erbes. Mein Schatz hat's Grün so gern hat beim Sohn ebensolche Melancholie wie beim Vater, und vielleicht ist diese CD ja auch der Dank dafür, dass er so vieles mitgegeben bekam und nun selbst fortführen kann, gleichsam als Gegengeschenk.

Und natürlich wird der Vater wie auf heißen Kohlen gesessen haben, wie das Endergebnis denn nun ausgefallen ist. Kurz: Es ist sehr schön, stellenweise himmlisch. Nun hört man bei diesem Zyklus immer auch den unvergessenen Fritz Wunderlich mit, dessen Tenor höher ausgelegt war als derjenige Prégardiens. Aber der Klang des Hammerklaviers (mit etwas tieferer Stimmtonhöhe) kommt jetzt jedem Sänger entgegen.

Sängerisch sind Trockne Blumen ein Höhepunkt, wie mit Träne in Knopfloch gesungen; so traurig kann Euphorie sein. Vor allem wenn Prégardien abschattiert und sich mit dem vortrefflichen Pianisten Bezuidenhout in die Zonen der Eifersucht (das zornige Der Jäger), der Resignation (Die liebe Farbe) und der erlösenden Ausweglosigkeit begibt („Des Baches Wiegenlied“) – das ist alles so nah am Text, an der Stimmung, an Franz Schuberts poetisch-romantischer Geisteswelt, dass der Hörer nur glücklich sein kann. Und Vater Christoph auch.

Andreas Bauer

Ich bin Andreas, ein Experte für die Seite Haren Suche, einer nationalen Zeitung für aktuelle Ereignisse. Mit strenger Objektivität liefere ich Ihnen die neuesten Nachrichten aus erster Hand. Bleiben Sie informiert und auf dem neuesten Stand mit meinen fundierten Analysen und Berichten. Vertrauen Sie auf meine Expertise und lassen Sie sich von meinen fundierten Einschätzungen inspirieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Go up