- Antisemitische Vorfälle in NRW: Zahl der Fälle hat sich vervielfacht
- Regionale Verteilung der Fälle
- Aufruf zur demokratischen Öffentlichkeit
- Verfassungsschutz sieht hohes Gewaltpotenzial gegen Juden
- Kategorien der Meldungen
- Gewaltpotenzial und Strafbarkeit
- Reaktion der Landesministerin
- Auswirkungen des Nahost-Konfliktes
Antisemitische Vorfälle in NRW: Zahl der Fälle hat sich vervielfacht
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der antisemitischen Vorkommnisse in Nordrhein-Westfalen (NRW) rapide angestiegen. Insbesondere nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 vervielfachten sich die Meldungen darüber.
Die nordrhein-westfälische Recherche- und Informationsstelle Rias registrierte von Januar bis September 2023 im Schnitt gut 25 Fälle pro Monat. Von Oktober bis Dezember waren es monatlich 145. Für das Gesamtjahr dokumentierte die Stelle damit 664 judenfeindliche Ereignisse, 2022 waren 264 Fälle verzeichnet worden.
Regionale Verteilung der Fälle
Die meisten Taten wurden im Regierungsbezirk Köln (257) erfasst, gefolgt von den Regierungsbezirken Düsseldorf, Arnsberg, Münster und Detmold.
Aufruf zur demokratischen Öffentlichkeit
„Wir appellieren an die demokratische Öffentlichkeit, die richtigen Schlüsse aus den Erhebungen unseres Jahresberichts zu ziehen. Die Anzahl der antisemitischen Vorfälle pro Tag, pro Woche, pro Jahr steht nicht im luftleeren gesellschaftlichen Raum“, schreibt Rias in dem Papier. Man könne auch sehr genau erkennen, wo akuter Handlungsbedarf besteht.
Verfassungsschutz sieht hohes Gewaltpotenzial gegen Juden
„Besondere Sorge bereitet uns die virulenteste Form des Antisemitismus, der israelbezogene“, sagte Jörg Rensmann, Rias-Projektleiter in NRW. Die meisten erfassten Fälle, genau 372, fielen in diese Kategorie. Nicht selten vermischt sich dabei die Ablehnung Israels mit der Leugnung oder Bagatellisierung der Shoah.
Kategorien der Meldungen
Der größte Teil der Meldungen, die bei Rias eingingen – insgesamt 561 – fiel in die weit gefasste Kategorie des „verletzenden Verhaltens“. Das umfasst unterschiedlichste Akte, Äußerungen oder Diskriminierungen, die sich gezielt gegen jüdische Menschen oder Institutionen richten. Persönliche Beleidigungen und Bedrohungen, auch Parolen bei Kundgebungen oder Schmierereien und Aufkleber mit judenfeindlichen Sprüchen, die in der Öffentlichkeit zu sehen sind, fallen darunter.
Gewaltpotenzial und Strafbarkeit
Die Informationsstelle dokumentierte für das vergangene Jahr 16 körperliche Angriffe auf einzelne Personen, im Jahr 2022 hatte es noch fünf gegeben. Die Bereitschaft zur Gewalt ist aber offenbar gewachsen.
Nicole Pastuhoff, Präsidentin des jüdischen Studierendenverbands NRW, stellte bei der Präsentation des Jahresberichts die Frage in den Raum, ob nicht Grenzen der Strafbarkeit verändert werden müssten. Bei Protesten an Unis würde sie sich von Polizei und Hochschulleitungen „eine andere Gangart wünschen“, sagte sie: Es würden Plakate und Aktionen geduldet, die nicht zumutbar seien.
Reaktion der Landesministerin
Die Landesministerin für Familien, Jugend, Gleichstellung und Integration, Josefine Paul (Grüne) nannte die Rias-Analyse eine wichtige Grundlage zur Prävention. „Ich bin entsetzt über die Welle antisemitischer Hetze und Übergriffe“, erklärte sie. Dabei sei die wahre Anzahl judenfeindlicher Vorfälle noch um ein Vielfaches höher: Die Aufgabe von Rias sei es schließlich, das Dunkelfeld zu erhellen.
„Es geht um Dokumentation, Forschung und Recherche“ und darum, auch Vorgänge unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit zu erfassen.
Auswirkungen des Nahost-Konfliktes
Die Auswirkungen des Konfliktes im Nahen Osten sind offenbar besonders langwierig. Auch während des Israel-Gaza-Krieges im Frühjahr 2021 hatte es einen bundesweiten Anstieg von antisemitischen Versammlungen, Angriffen, Bedrohungen und Sachbeschädigungen gegeben.
Nach dem Überfall der Hamas Anfang Oktober 2023 hingegen sei die Zahl der judenfeindlichen Vorfälle bis zum Jahresende auf hohem Niveau geblieben – und das sei auch in diesem Jahr immer noch der Fall, ergänzte Jörg Rensmann.
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