Trotz Wohnungsnot: Fast zwei Millionen Wohnungen stehen leer
Die Wohnungsnot in Deutschland ist ein Thema, das immer wieder für Kontroversen sorgt. Doch trotz der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt gibt es eine erstaunliche Zahl an leer stehenden Wohnungen. Laut aktuellen Zahlen stehen fast zwei Millionen Wohnungen leer, obwohl viele Menschen in Deutschland nach einer Wohnung suchen. Dieser Umstand wirft Fragen auf über die Effizienz der Wohnungspolitik und die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. In diesem Artikel werden wir tiefer in die Gründe für diese Entwicklung einsteigen und mögliche Lösungsansätze präsentieren.
Leerstandskrise: Fast zwei Millionen Wohnungen in Deutschland stehen leer
Auch wenn die Nachfrage nach Wohnraum hoch ist, stehen in Deutschland viele Wohnungen leer. Laut Erhebungen des Zensus waren es zum Stichtag 15. Mai 2022 rund 1,9 Millionen Wohnungen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht genutzt wurden. Das entspricht einer Leerstandsquote von 4,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berichtet.
„Die Zensus-Zahlen erschrecken uns alle“, sagt Ralph Henger, Ökonom für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln). Die hohen Leerstände zeigten, dass der Immobilienmarkt gespalten sei. Während es in den Ballungszentren enormen Wohnungsmangel gebe, stünden in vielen ländlichen Regionen Immobilien leer.
Über die Hälfte der Immobilien über ein Jahr unbewohnt
Das Problem bestehe deutschlandweit. „Ostdeutschland ist dabei aber besonders betroffen, da dort die Abwanderung junger Bevölkerungsschichten stärker ist“, erklärt Henger. Dort gebe es teilweise Leerstände von mehr als zehn Prozent. Doch auch Regionen in Westdeutschland seien davon betroffen, etwa in der Eifel, Franken oder im Saarland.
Über die Hälfte der Immobilien (55 Prozent) wurde laut des Statistischen Bundesamts seit mehr als einem Jahr nicht bewohnt. „Das ist tatsächlich struktureller Leerstand, der wird sich nicht in Luft auflösen“, sagt Matthias Waltersbacher vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Dort leitet er das Referat für Wohnungs- und Immobilienmärkte.
Leerstand hat Folgen
Experten beobachten den sogenannten Donut-Effekt: Am Ortsrand entstehen neue Wohngebiete, während innerstädtische Lagen verfallen. Die Gründe dafür sind laut Matthias Waltersbacher neben alter Bausubstanz auch kleinere Wohnungsgrößen, der geringere Abstand zu Nachbarn oder schlechte Parkmöglichkeiten.
Mit dem Leerstand gehen laut Henger vom IW Köln riesige Probleme einher. „So sinken beispielsweise durch marode Häuser auch die Immobilienwerte in der Nachbarschaft“, sagt der Ökonom. Auch Kriminalität und Vandalismus spielten eine Rolle. Außerdem müsse die bestehende Infrastruktur instand gehalten werden. Die Kosten dafür müsse die Bevölkerung tragen, die noch dort lebt. „Das ist eines der größten versteckten Probleme des Leerstands.“
Lösungen für den Leerstand
„1,9 Millionen Wohnungen in Deutschland sind ein erhebliches Potenzial, das ungenutzt ist“, schätzt Waltersbacher ein. Wichtig sei es, junge Menschen in den Regionen zu halten. So sollten ihm zufolge etwa periphere Regionen kulturell mehr gefördert sowie Verkehrsanbindungen an größere Städte verbessert werden. In Zeiten, in denen mehr im Homeoffice gearbeitet wird, könnten beispielsweise auch leerstehende Wohnungen zu Co-Working-Spaces umfunktioniert werden.
Um dem Leerstand zu begegnen, gibt es etwa das Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“. „Das ist ein gutes Programm, um leerstehende Wohnungen und Häuser abseits der Ballungsräume zu reaktivieren“, sagt Ökonom Henger. Einigen Kommunen hätten es bereits. Die Bundesregierung plane, das Programm bundesweit umzusetzen – „aber die Mittel sind knapp.“
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