Wann sind es nur blöde Kommentare und wo fängt Sexismus an?
In der Arbeitswelt, insbesondere in handwerklichen Berufen oder im Pflegebereich, können sexistische Kommentare und Vorurteile ein großes Problem darstellen. Die stellvertretende Vorsitzende der Verdi-Jugend, Deborah Neuenfeld, fordert, dass Auszubildende mit solchen Problemen gar nicht konfrontiert sein sollten. Es liege in der Verantwortung der Ausbildungsstätten und Ausbilder, ein Arbeitsumfeld frei von sexistischen Vorurteilen zu schaffen.
Die Unterscheidung zwischen blöden Kommentaren und Sexismus
Die Unterscheidung zwischen einem einzelnen unbedachten Kommentar und regelmäßigen geschlechtsspezifischen Bemerkungen oder sexistischen Anspielungen kann eine knifflige Angelegenheit sein. Laut Neuenfeld macht die Wiederholung das Gift. Ein einzelner unbedachter Kommentar kann möglicherweise durch Kommunikation geklärt werden. Aber regelmäßige geschlechtsspezifische Bemerkungen oder sexistische Anspielungen sind klare Fälle von Sexismus und dürfen nicht toleriert werden.
Wie können Auszubildende ad hoc auf sexistische Kommentare reagieren?
Die Reaktion auf einen Kommentar hängt stark davon ab, wer ihn gemacht hat und um was für einen Spruch es sich handelt. Neuenfeld empfiehlt in so einer Situation, einfach mal nachzuhaken, was genau damit gemeint ist. Bei Aussagen wie Für ein Mädchen bist Du aber ganz schön stark könne man zum Beispiel fragen, ob das bedeute, dass Frauen generell schwach seien. Solche Gegenfragen bringen viele dazu, über ihre Kommentare nachzudenken und sie in Zukunft vielleicht zu unterlassen.
Bei sexualisierten Kommentaren über ein Outfit sollte man klarstellen, dass es nicht das Recht der anderen Person ist, darüber zu urteilen. In bestimmten Situationen, wie etwa bei Kundenkontakten, dürfen Vorgesetzte oder Ausbilder zwar anmerken, wenn die Kleidung nicht angemessen ist. Ist die kommentierende Person jedoch nicht zuständig oder der Kommentar sexualisiert, sollte man laut Neuenfeld deutlich machen, dass das unangebracht ist.
An wen können sich Betroffene wenden?
Zunächst kann man sich an die ausbildende Person, Kollegen oder andere Auszubildende wenden. Fühlt man sich dabei jedoch unwohl oder sind diese Personen Teil des Problems, gibt es weitere Anlaufstellen. Wenn es im Betrieb eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gibt, ist sie ein guter Anlaufpunkt für Unterstützung. Gleiches gilt für Betriebsräte oder Gleichstellungsbeauftragte.
Wenn man sich lieber außerhalb des Betriebs Hilfe suchen möchte, bieten Gewerkschaften ebenfalls Unterstützung und Beratung an. Manchmal hilft es auch allein schon, mit Personen aus dem Bekanntenkreis zu reden: Wichtig ist einfach, dass man über Probleme spricht und sich an jemanden wendet, der einen ernst nimmt, sagt Hanisch.
Wann ist ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs angebracht?
Wenn nicht nur einzelne Kommentare oder Personen das Problem sind, sondern der ganze Betrieb unter sexistischen Dynamiken leidet, kann ein Ausbildungsplatzwechsel eine Option sein. Er sollte laut Neuenfeld aber die letzte Wahl sein, da er mit hohem Aufwand verbunden ist. Denn er kann sowohl den Lernstoff als auch die Eingewöhnung in einem neuen Betrieb stark beeinträchtigen. Ist jedoch keine andere Lösung in Sicht, können die Industrie- und Handelskammern (IHK) oder die Handwerkskammern Unterstützung beim Wechsel bieten.
Schreibe einen Kommentar