Das Cum-Ex-Verfahren gegen Christian Olearius nähert sich dem Ende
Das Bonner Landgericht hat am Mittwoch keine Einstellung des Verfahrens beschlossen, sondern einen Verhandlungstermin für kommenden Montag anberaumt. Es ist wahrscheinlich, dass dann das Urteil gefällt wird.
Da die Beweisaufnahme aufgrund der Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten nicht abgeschlossen werden kann, sieht das Gesetz weder einen Schuldspruch noch einen Freispruch vor (Aktenzeichen 63 KLs 1/22). Die Frage, ob Olearius – wie von der Anklage gefordert – 43 Millionen Euro zahlen muss, wird in dem Verfahren nicht geklärt.
Die Gesundheit als Verfahrenshindernis
Laut einem vom Gericht eingeholten medizinischen Gutachten ist der 82-Jährige gesundheitlich angeschlagen. Er darf pro Verhandlungstag nur maximal 45 Minuten auf der Anklagebank sitzen. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft beantragten die Einstellung des Verfahrens.
Nach Berechnung der Ankläger könnte es bei diesem knappen Zeitkontingent noch 120 Verhandlungstage dauern, bis die Beweisaufnahme geschlossen wäre – das wäre dem Angeklagten nicht zuzumuten, schlussfolgerte die Staatsanwaltschaft und wertete die Gesundheit – Olearius hat hohen Blutdruck – als dauerhaftes Verfahrenshindernis.
Beweisanträge abgelehnt
Bei der dreiviertelstündigen Verhandlung am Montag ging es um diverse Beweisanträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft, die das Gericht allesamt ablehnte. Aus Sicht der Verteidigung war Olearius unter anderem in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt, da es eine öffentliche Vorverurteilung gegen ihn gegeben habe.
Als einen Beleg dafür hatten die Verteidiger ein Bündel an Zeitungsartikeln und anderen Medienbeiträgen über Olearius eingereicht. Die Vorsitzende Richterin befand solche Beweismittel aber als ungeeignet. Die Staatsanwaltschaft wiederum hatte die Überleitung in ein Einziehungsverfahren beantragt, um von Olearius Taterträge von 43 Millionen Euro einzuholen.
Hintergrund des Cum-Ex-Skandals
Der Cum-Ex-Betrug mit illegalen Aktiendeals gilt als größter Steuerskandal der Bundesrepublik, der Fiskus und damit die Allgemeinheit wurden insgesamt um einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag gebracht. Olearius war lange Chef und später Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, die bei den Cum-Ex-Geschäften jahrelang mitmischte. Heute ist er noch Gesellschafter der Privatbank.
Es geht um den Zeitraum 2006 bis 2011. Die Anklage warf ihm 14 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vor, die zu einem Steuerschaden von knapp 280 Millionen Euro geführt haben sollen. In zwei Fällen blieb es beim Versuch.
Olearius beteuerte im Bonner Verfahren seine Unschuld und berief sich auf seine Unwissenheit. Am kommenden Montag dürfte er aller Voraussicht nach zum letzten Mal den Bonner Gerichtssaal betreten.
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